Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete, liebe Cottbuserinnen und Cottbuser,
der zurückliegende Monat startete explosiv mit dem Bombenfund in der Virchowstraße. Deshalb ist es mir wichtig, gleich zu Beginn nochmals Dank zu sagen. Das Team um Sprengmeister Mario Büchner hat – soweit man das aus der gebotenen Ferne beurteilen konnte – feinfühlig und umsichtig den Zünder entfernt und die Bombe unschädlich gemacht. Der Dank gilt zudem allen sehr verständnisvollen Bürgerinnen und Bürgern, die die Unannehmlichkeiten des Vormittages ertragen haben, und er gilt natürlich allen Einsatzkräfte, ob aus dem Haupt- oder dem Ehrenamt, die diese außergewöhnliche Situation gemeinsam gemeistert haben.
Sehr geehrte Damen und Herren,
vor drei Wochen konnte ich die Ortsteilrundgänge als Teil des breiten Bürgerdialoges in unserer Stadt wieder aufnehmen. Das Interesse ist groß, auch und gerade an den neuen Formen. Wir gestalten gemeinsam mit den Ortsbeiräten Rundgänge im kleinen Kreis und anschließend Videokonferenzen mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern. Es ist dabei wie immer wohltuend zu spüren, dass das Interesse der Bewohner für ihre Ortsteile und Kieze keineswegs nachlässt, selbst wenn man Abstand halten soll.
Demokratie lebt von Beteiligungen, wie sie die Bürgerinnen und Bürger hier in den vermeintlich kleinen Dingen zeigen. Einige Beispiele: So will man in Döbbrick bei den Baumsorten mitreden, wenn es um Ersatzpflanzungen im Ortsteil geht. Dort geht es zudem um den weiteren Ausbau des Bürgerzentrums und anderes mehr. In Kiekebusch kümmert sich ein älterer Herr um den alten Friedhof und will ihn zu einem schönen Fleckchen Erde samt Gedenkstein machen. Er holt sich dabei Hilfe von Studentinnen und Studenten der BTU. Ich begrüße dieses Engagement für den Ort sehr und darf den Herrn mit einem Satz zitieren, den er während der Videokonferenz sagte: Er möchte „mit wenig Aufwand viel erreichen“. Das gilt für Vieles in unserer Stadt und den Ortsteilen. In Dissenchen waren die Verkehrssituation an der Umweltschule, die Bewässerung des Sportplatzes in Schlichow oder die Entwicklung von Wohngebieten auf dem Gelände des früheren Kalksandsteinwerkes zu den ersten Ostsee-nahen Baugebieten einige der Themen. Für das erste Baugebiet mit dem Namen Dissenchener Binnendüne könnten im Jahr 2022 erste Baugenehmigungen vorliegen.
Dieser Tage sind zudem erste Planskizzen für die Bebauung des alten Busbahnhofes in der Marienstraße vorgestellt worden. Es ist gut, dass solche innerstädtischen Lücken geschlossen werden, auch vor dem Hintergrund der jüngst geführten Diskussion um die Baupläne in Sielow. Ich gehe davon aus, dass unsere Gebäudewirtschaft in der Innenstadt in den kommenden Monaten insgesamt sichtbar aktiver wird. Natürlich hat sie ein breit gefächertes Aufgabenfeld, wenn man u.a. nach Sachsendorf oder Schmellwitz schaut. Ich hoffe dennoch, sie wird unter anderem an der Briesmannstraße neue Akzente setzen.
Es gibt in Cottbus/Chóśebuz grundsätzlich keine Wohnungsnot, wie von einzelnen Politikerinnen und in einigen Medienberichten orakelt wird. Aber ja, der Bedarf gerade nach höherwertigem Wohnraum wächst. Das ist erfreulich, weil es Leute gibt, die sich von unserer Stadt als Wohn- und Arbeitsort etwas erwarten. Das verspricht Zukunft. Und es ist letztlich eine schöne Herausforderung, der wir uns stellen wollen und müssen.
Das ist eine der dringlichsten Aufgaben, die wir im Rahmen des Strukturwandels aus kommunaler Verantwortung zu lösen haben. Andere haben ebenso ihre Hausaufgaben zu machen. So muss gesichert werden, dass die zugesagten Mittel tatsächlich ins Revier fließen, also dahin, wo die Arbeitsplätze verloren gehen. Zwar liegt Wildau mit der Außenstelle des Robert-Koch-Institutes innerhalb der Wirtschaftsregion Lausitz. Das haben wir immer gewollt, um den Landkreis Dahme-Spreewald mit im Boot zu haben und nicht zusätzliche Grenzen durch die Region zu ziehen. Dennoch ist darauf zu achten, dass Südbrandenburg und Ostsachsen, also die Kern-Lausitz, nicht ausgetrickst werden. Für Cottbus/Chóśebuz ist klar, was wir wollen. Das ist das modernste Bahnwerk Europas, das ist die universitäre Medizinerausbildung und ein digitales Leitkrankenhaus namens Carl-Thiem-Klinikum, das sind Ansiedlungen im Umfeld der Brandenburgisch Technischen Universität – und das sind die dafür notwendigen infrastrukturellen Voraussetzungen wie beispielsweise das zweite Gleis zwischen Cottbus/Chóśebuz und Lübbenau. Wir brauchen diese Verbindung und die Direktanbindung an den BER deutlich schneller, als es jetzt vorgesehen ist. Und niemand hat Verständnis, wenn wir da auf Jahre hinaus vertröstet werden, im Speckgürtel aber längst Tatsachen geschaffen sind. Die Strukturwandelprojekte müssen schneller umgesetzt werden. Hier sind Bund und Land stärker in der Pflicht. Wir wollen den Tesla-Rausch nicht mit einem Lausitzer Kater bezahlen.
Als Teil des Austauschs mit der heimischen Wirtschaft werde ich auch die Unternehmensbesuche wieder aufnehmen. Gerade in diesen aufgeladenen und hektischen Zeiten brauchen wir den regelmäßigen Austausch, auch wenn sich möglicherweise nur selten Lösungen finden, die alle zufrieden stellen.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Cottbuserinnen und Cottbuser,
Auch die Bekämpfung der Pandemie braucht Beteiligung. Und zwar eine möglichst breite, denn viele Maßnahmen verpuffen weitgehend wirkungslos, wenn sich nicht alle daran halten. Das ist der Anspruch und die Herausforderung: wir brauchen die Cottbuserinnen und Cottbuser dazu. Wir müssen gemeinsam das umsetzen, was wir für den Moment als wirksam erkannt haben. Und wir müssen uns immer wieder klarmachen, dass wir all diese Dinge neu überprüfen und neu einordnen müssen. Das macht es so schwierig, das bringt auch ein gewisses Durcheinander, aber wir kommen da nicht drum herum.
Corona beschäftigt uns weiter, und ich weiß, dass diesen Satz kaum mehr einer hören kann und will. Indes: Das Virus ist Teil unserer Lebensrealität geworden. Wir sind getrieben von täglich neuen Informationen und Bewertungen, von Inzidenzen und Bettenauslastung, von Studien und Interpretationen, Warnungen und Beschwichtigungen.
Die einzige Gewissheit, die wir in dieser Pandemie noch haben, ist die Gewissheit, dass wir täglich dazu lernen. Gewissermaßen lernen wir fürs Leben. Deshalb stelle ich mir für Cottbus/Chóśebuz eine Art „kontrollierte Modellregion“ vor, in der im wahrsten Sinn des Wortes getestet wird, was möglich sein könnte. Natürlich ist dieses Ansinnen ein zumindest scheinbarer Widerspruch zu den aktuellen Inzidenzzahlen. Solche Widersprüche begegnen uns im täglichen Leben ständig. Ich will gar nicht davon reden, wie viele Leute jetzt wieder nach Mallorca fliegen, aber im Spreewald oder in Cottbus keinen Urlaub machen können, weil Hotels, Gaststätten und Pensionen geschlossen sind. So etwas kann niemand mehr verstehen. Deshalb sollten wir im täglichen Leben austesten, was möglich ist. Wir müssen daher auch diskutieren, dass beispielsweise Einzelhandel, Gastronomie oder Hotellerie unter Hygienekonzepten Angebote machen dürfen, während Schulen oder Kitas vielleicht schließen müssen, wenn dort die Infektionen wüten. Was an der deutsch-polnischen Grenze möglich ist, sollte auch für jedes kleine Geschäft in unserer Stadt möglich gemacht werden, nämlich Zutritt mit negativem Test. Wenn wir für Handel, Gastronomie oder Hotellerie keine Lösungen finden, drohen nicht nur Insolvenzen, sondern auch leere Innenstädte und Ortsteil-Zentren. Bund und Land müssen hier gezielter unterstützen, um die Innenstadt und die Ortsteilzentren am Leben zu halten.
Ich habe zu diesem Komplex Kontakt zu meinem Potsdamer Kollegen Mike Schubert aufgenommen, um uns auszutauschen, voneinander zu lernen und auch hier zu schauen, was unter welchen Bedingungen möglich ist und was nicht. Dem diente zudem ein Austausch mit den Landräten des Brandenburger Südens, um uns abzustimmen. Denn letztlich geht es uns doch allen neben dem unabdingbaren Schutz der Gesundheit um Möglichkeiten des Lebens mit diesem Virus. Wir wollen und brauchen einen gestaltbaren Alltag. Der wird zwar in den kommenden Monaten nicht ohne Einschränkungen bleiben, aber es braucht Perspektiven sowie vorsichtige und vertretbare Lockerungen – ohne die täglich neu zermürbende Frage, was denn eigentlich noch erlaubt ist. Wir sind bereit, da Verantwortung zu übernehmen, wenn uns das Land die nötigen Spielräume für solche Entscheidungen gibt. Bislang gab es diesen Spielraum nur für stärkere Einschränkungen, nicht aber für spezifisch angepasste regionale Öffnungen. Mein Tübinger Kollege Boris Palmer agiert mit seinem Modellvorhaben zu Öffnungen samt Testkonzept nicht nach Lust und Laune, sondern abgestimmt mit seiner Landesregierung.
Lassen Sie mich an dieser Stelle kurz auf die Testpflicht in Kindergärten und Schulen kommen, die wir in dieser Woche angeordnet haben. Das ist aus unserer Sicht ein sicher oft als unangenehm empfundenes, ungewohnt drastisches, aber vertretbares Mittel. Ziel ist es, Infektionen zu erkennen und die Verbreitung des Virus‘ gerade in diesen derzeit stark belasteten Einrichtungen zu unterbrechen. Es war und ist uns wichtig, Kita und Schule möglichst offen zu halten. So können wir im Sinne der Eltern und der Kinder Bildungsangebote und ein vertretbares Maß an sozialen Kontakten ermöglichen. Die Alternative wäre gewesen, Kita und Schulen sofort zu schließen, wozu uns im Übrigen Mediziner durchaus geraten haben. Sie sehen auch hier die Widersprüche und den gedanklichen Spagat, der zu solchen Entscheidungen zu leisten ist. Wir haben überdies einiges ausgleichen müssen, was das Land angekündigt, aber nicht realisiert hat. Das hat geknirscht, das macht viele zu Recht sauer, und wir haben da nachgesteuert. Niemand drückt sich vor der Verantwortung. Es wird nicht die letzte solcher einschneidenden Entscheidungen sein.
Sehr geehrte Damen und Herren,
im September wird ein neuer Deutscher Bundestag gewählt. Stadt- und Kreisverwaltung werden zu gewährleiste haben, das diese Wahl einmal mehr nach rechtsstaatlichen Prinzipien und guter demokratischer Ordnung abläuft. Wir richten uns darauf ein, dass es deutlich mehr Briefwähler geben wird. Das zeigten zuletzt die Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Die Wahlleitung wird deshalb mit insgesamt 53 deutlich mehr Briefwahlbezirke als zur Wahl 2017 – damals waren es 30 – einrichten und dafür die Urnenwahlbezirke reduzieren. Viel wichtiger als diese Zahlen ist eine andere: Wir brauchen mehr als 800 Wahlhelferinnen und Wahlhelfer. Ich rufe daher die Cottbuserinnen und Cottbuser auf, an dieser Stelle die Demokratie durch Beteiligung mit zu stärken und lebendig zu halten.
Sehr geehrte Damen und Herren,
wenn auch Europa gerade zur Versorgung mit Impfstoff und in anderen Fragen immer wieder in der Kritik steht, so schlagen wir aus europäischer Nachbarschaft einen Funken Freude. Es ist gelungen, über das Interreg-Programm die nötigen Mittel zu sichern für die weitere Sanierung unseres Raubtierhauses im Tierpark. Das ist ein weiterer schöner Moment, um unseren Tierpark attraktiver zu machen und die Angebote zu verbessern, wenn sie denn jenseits der Pandemie wieder genutzt und besucht werden können. Dieses Mal haben 4 Projektpartner – Zielona Gora, Cottbus/Chóśebuz, Guben und Gubin – unter dem Titel „Europark“ die Bestätigung erlangt. Der Zuwendungsvertrag ist durch den Leadpartner Zielona Góra unterzeichnet worden. Damit können Pläne zur Erweiterung des Raubtierhauses umgesetzt werden. Das ist das bereits dritte Interreg-Projekt für unseren Tierpark. In der Vergangenheit wurde bereits die Modernisierung der jetzigen Raubtieranlage und die Zooschule aus diesem Programm finanziert. Damit sind alle Interreg-Anträge der Stadt Cottbus/Chóśebuz in der letzten Förderperiode der EU – insgesamt 7 – bestätigt und größtenteils schon umgesetzt worden. Dazu zählen der Ausbau der Angebote im Rahmen der Städtepartnerschaft, die Zooschule, Projekte in Branitz, der Parkverbund und eben das Raubtierhaus. Mein herzlicher Dank geht an alle Beteiligten, besonders aber an die Partner in der Region und bei unseren polnischen Nachbarn.
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich freue mich, dass wir am kommenden Sonnabend die Verleihung der Ehrenmedaille unserer Stadt an die frühere Kinder- und Jugendbeauftragte Marianne Materna nachholen können. Auf Schloss Branitz wird es die traditionelle Feierstunde geben, allerdings in kleinerem Kreis und ohne den sonst üblichen Rahmen, den wir später folgen lassen müssen. Marianne Materna hat ihr Ehrenamt zwischen 2011 und 2019 mit Hingabe für die Kinder und Jugendlichen unserer Stadt ausgeübt. Sie ist hier im Hohen Haus würdig verabschiedet worden und hat wichtige Impulse gesetzt, die nunmehr durch unsere hauptamtliche Kollegin Lea Brunn weiter verfolgt werden. Und selbst wenn die Ehrung nun verspätet erfolgt, so kommt sie doch zu recht: Gerade in der Pandemie muss unsere Aufmerksamkeit vor allem Kindern und Jugendlichen gehören
Sehr geehrte Damen und Herren,
zum Abschluss möchte ich auf zwei unserer Dauerbaustellen eingehen. Der Investor für das Einkaufszentrum in der Stadtpromenade hat uns mitgeteilt, dass er nun doch allein sein Projekt weiter entwickeln und umsetzen möchte. Für Anfang und Mitte April hat er entsprechende Unterlagen angekündigt. Das haben wir abzuwarten. Ich bedauere es, dass die von beiden intern angekündigte Kooperation mit dem Cottbuser Unternehmer Gerd Mielke nun doch nicht zustanden gekommen ist und somit ein Stückchen Hoffnung schwindet. Gleichwohl ist das Verfahren, Sie wissen das, weiter förmlich zu führen. Über all das haben wir uns am Montag mit Vertretern der Bürgerinitiative ausgetauscht in einem sehr sachlichen Gespräch.
Eine ähnliche „Baustelle“ ist der FC Energie, und das nicht allein wegen des Stadions. Im Bildungsausschuss ist ein entsprechender Unterstützungsantrag der Fraktion Die Linke ausführlich diskutiert worden. Mittlerweile gibt es einen noch weiter gefassten Antrag der AfD-Fraktion. Ich hatte in dieser Woche ein weiteres Gespräch mit den neuen Verantwortlichen unseres wichtigsten Fußballvereins, in dem wir diverse Fragen und Möglichkeiten erörtert haben. Ich denke, der FC Energie muss ein eigenes Sanierungskonzept vorlegen, in dessen Rahmen die Stadt Cottbus/Chóśebuz Teil der Lösung sein kann. Ich glaube nicht, dass ein Rückkauf des Stadions durch die Stadt – der im Übrigen seitens des FCE nicht beantragt worden ist – möglich sein wird. Trotz der avisierten Haushaltsgenehmigung haben wir keine Spielräume für Aufgaben, die nicht zur Daseinsvorsorge der Kommune zählen. Ich halte nach wie vor die Gründung einer Stadiongesellschaft für eine zielführende Variante, den FC Energie an dieser Stelle zu entlasten. Auch vieles andere ist nicht mit einem Fingerschnipsen getan, zumal wir den FC Energie trotz aller Verdienste aus den zurückliegenden Jahren nicht anders behandeln können als andere Vereine in unserer Stadt. Da hat jeder gleiches Recht auf Unterstützung.
Denn nicht nur beim FCE hat sich die Situation Corona-bedingt verschärft. Vieles liegt brach oder ist zu Abstand und Vereinzelung verdammt. Es ist dennoch immer wieder beeindruckend, wie sich Übungsleiter um ihre Sportgruppen sorgen, aber auch, wie Museumsleute unermüdlich Ausstellungen konzipieren, wie Einzelhändler ihre Schaufenster dekorieren, sie alle die Hoffnung nicht verlieren und weiter zuversichtlich sind. Und es tut dann verdammt weh, all diese Leute mit neuen Verordnungen und Verfügungen immer wieder enttäuschen zu müssen – Sport geht nicht, Museum zu, Geschäfte geschlossen oder höchstens im Click & Meet-Modus. Aus diesem Teufelskreis müssen wir endlich raus, um neuen Mut zu schöpfen. Dafür sind wir trotz mancher Unzulänglichkeit da, dafür arbeiten wir wie so viele ohne Ruhetage.
Hinweis:
In Abstimmung mit dem Ältestenrat hat der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung auf Grund der derzeitigen Coronalage entschieden, dass die 17. Sitzung der Stadtverordneten ausfällt. Der Bericht des Oberbürgermeisters liegt schriftlich vor und wurde hier veröffentlicht.