Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete, liebe Cottbuserinnen und Cottbuser,
ich begrüße Sie hier im Stadthaus zu der ersten außerordentlichen Sitzung in der neuen Legislaturperiode – oder sollte ich sagen: herzlich willkommen und Ring frei zur ersten Runde?
Ich will mich nicht in Ihre juristischen Scharmützel einmischen. Wir sehen aber, wie sich Symbole wie beispielsweise Boxhandschuhe erschöpfen oder uminterpretiert werden. Ich kann die verstehen, die den Eindruck gewinnen, Politik bzw. Politiker beschäftigen sich mal wieder mit sich selbst. Das aber sollten wir in diesem Haus und als Mitglieder dieses Hauses tunlichst vermeiden. Politischer Streit wird und muss sein. Es kommt aber auf die Mittel und Methoden an. Unsere Arbeit misst sich nicht am Unterhaltungswert des Streits für die Öffentlichkeit, sondern an den Ergebnissen für die Cottbuserinnen und Cottbuser. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten für die vielen Probleme zu Recht Lösungen, die wir gemeinsam zu liefern haben. Dafür sind wir gewählt worden.
Wir brauchen keine schlagenden Argumente, sondern Überzeugungskraft aus eingängigen Worten und lösungsorientiertem Handeln. Legen wir die Boxhandschuhe jeglicher Couleur beiseite, denn so etwas färbt ab auf Leute, die sich dann nicht mehr zu benehmen wissen. Ich komme noch darauf zurück. Konzentrieren wir uns also auf die Sacharbeit, für die wir uns ja alle ausgesprochen haben.
Dafür liegen heute diverse Vorschläge auf dem Tisch, um in den Ausschüssen und Gremien die inhaltlichen Dinge anzugehen und die nötigen Kompromisse auszuhandeln. Auf Ihren ausdrücklichen Wunsch hin werden wir sieben Fachausschüsse haben und damit gemeinsam gut beschäftigt sein. Auch hier sind erste Kompromisse notwendig, um die Begleitung der Ausschuss-Arbeit so gewährleisten zu können, wie Sie das erwarten. Grund sind erwartbare Terminüberschneidungen für Sie, aber auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung. Wir werden dort ein gutes Zeitmanagement durch die Vorsitzenden und die Fachbereiche benötigen, da Vorlagen und Informationen voraussichtlich öfter in zwei Ausschüssen an einem Tag behandelt werden müssen.
Hinzu kommen bereits jetzt erste Anfragen an die Verwaltung sowie Anträge auf Akteneinsicht. Wir kommen dem selbstverständlich nach, doch benötigt die sorgfältige Vorarbeit auch ein gewisses Maß an Zeit. Das sollte der Verwaltung, gerade in der Zeit der Sommerpause und der Urlaube gewährt werden. Es trägt auch nicht zur Beschleunigung der Arbeit bei, wenn in den E-Mail-Verteilern Medienvertreter auftauchen oder mit Öffentlichkeit gedroht wird. Das ist kein Ausdruck eines offenen und sachlichen Miteinanders. Es geht oft um sensible Vorgänge, in den Rechte Dritter zu beachten und gewährleisten sind.
Falls jemand den Eindruck hat, die Verwaltung wolle gezielt etwas verbergen: Der Rechtsstaat hat die nötigen Instrumente zur Verfügung gestellt, um Transparenz herzustellen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
seit der konstituierenden Sitzung gab es mehrere Vorfälle und Übergriffe auf Mitarbeiterinnen der Stadtverwaltung im Rathaus selbst und auch im Jobcenter. Einzelnen Personen meinen, ihren Frust oder ihr Unverständnis über Entscheidungen mittelweile mit Messern oder Nagelfeilen ausdrücken zu müssen und verletzen dabei Kolleginnen. Das ist nicht hinnehmbar.
Darüber ist umfangreich in der Öffentlichkeit informiert worden. Die Geschäftsführung des Jobcenters hat das Notwendige veranlasst, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an ihrem Standort besser zu schützen.
Zugleich haben wir für die Verwaltung erste Konsequenzen gezogen. Die Fürsorge gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, gleichermaßen aber auch den Bürgerinnen und Bürgern, die sich in den Verwaltungsstandorten sicher fühlen sollen. Festgelegt ist: Das Rathaus am Neumarkt und das Technische Rathaus in der Karl-Marx-Straße sind seitdem ausschließlich über die Haupteingänge erreichbar. Weiteres wird folgen. Sie werden verstehen, dass wir Details dazu nicht in der Öffentlichkeit erörtern. Wir werden aber rechtzeitig informieren, wenn es Einschnitte und Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger geben sollte, die in die Verwaltung kommen.
Ich habe die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung zudem gebeten, jedwede Beleidigung oder Beschimpfung, auch wenn es „nur" verbal geschieht, anzuzeigen. Ich nehme diese Übergriffe nicht mehr hin, und ich sehe es als nicht normal oder üblich an im Umgang miteinander. Solche Attacken sind durch nichts gerechtfertigt, selbst wenn sich jemand durch Entscheidungen benachteiligt fühlt. Auch dafür hat der Rechtsstaat die entsprechenden Wege vorgesehen. Auch Ihnen als Stadtverordneten kann ich nur empfehlen, bei dem Verdacht auf Straftaten konsequent Anzeige zu erstatten, damit die Justiz ermitteln kann.
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich gehe heute bewusst nicht ein auf die vielfältigen Ankündigungen und Vorschläge zum Strukturwandel in der Lausitz und in Cottbus/Chóśebuz. Das würde wohl den Rahmen dieser außerordentlichen Sitzung sprengen. Die Inhalte u.a. aus dem Strukturstärkungsgesetz werden uns weiter beschäftigen, nicht zuletzt in dem dann dafür gegründeten Fachausschuss.
Mit Blick auf den kommenden Sonntag seien mir zwei Bemerkungen gestattet: Am 01. September jährt sich zum 80. Mal der Tag, an dem Hitlerdeutschland unseren Nachbarn Polen überfiel und den zweiten Weltkrieg entfesselte. Welches Leid und welche Zerstörung dieser Krieg über Europa brachte, war in unserer Stadt allerspätestens am 15. Februar 1945 zu sehen, als alliierte Bomber Teile der Innenstadt und der Spremberger Vorstadt verwüsteten. Es ist daher ein wichtiger Moment, dass am Sonntag die umfangreich sanierte Lutherkirche – 1945 schwer getroffen – übergeben werden kann. Sie ist und bleibt wie der Bahnhof Ausdruck der Mahnung zu Frieden, Verantwortung und guter Nachbarschaft. In diesem Geist werde ich am Sonnabend das Kinder- und Friedensfest vor dem Familienhaus im Park an der Puschkinpromenade eröffnen. Dieser Geist leitet unsere Städtepartnerschaften mit Zielona Gora und Montreuil – letztere wurde vor 60 Jahren begründet und wird im September auch hier im Hohen Haus gewürdigt.
Nicht zuletzt eine weitere Bemerkung zum kommenden Sonntag: Nutzen Sie, liebe Cottbuserinnen und Cottbuser, ihr Wahlrecht, so wie es die mutigen DDR-Bürger vor 30 Jahren erkämpft haben.
Und lassen Sie uns gemeinsam im Gespräch bleiben über die Entwicklung unserer schönen Stadt.
(Es gilt das gesprochene Wort.)