Allgemeinverfügung der Stadt Cottbus/Chóśebuz zum Alkoholverbot auf dem Schillerplatz ab dem 31.05.2023
Die Stadt Cottbus/Chóśebuz erlässt gemäß § 1 Abs. 1 und Absatz 2 und § 13 Ordnungsbehördengesetz (OBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. August 1996 (GVBl.I/96, [Nr. 21], S.266) zuletzt geändert Artikel 2 des Gesetzes vom 1. April 2019 (GVBl.I/19, [Nr. 3], S. 10) §§ 35 Satz 2, § 41 Absatz 4 Verwaltungsverfahrensgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.01.2003 (BGBl. I S. 102) zuletzt geändert durch Artikel 15 Absatz 1 des Gesetzes vom 4. Mai 2021 (BGBl. I S. 882) folgende Allgemeinverfügung:
1. Der Genuss von Alkohol in der Öffentlichkeit ist im nachfolgenden Geltungsbereich dieser Allgemeinverfügung untersagt:
Bereich am Staatstheater, begrenzt durch die Karl-Liebknecht-Straße – Schillerstraße - August-Bebel-Straße - Wernerstraße (siehe Kartenauszug – Bereich Schillerplatz)
Die Stadt Cottbus/Chóśebuz kann im Einzelfall Ausnahmen von dieser Verfügung zulassen. Sie gilt nicht für Bereiche, die nach Gaststättenrecht konzessioniert sind.
2. Diese Allgemeinverfügung gilt ab dem 31. Mai 2023 und wird bis zum 31. Oktober 2023 befristet.
3. Die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 der Allgemeinverfügung wird angeordnet.
Diese Verfügung gilt gemäß § 41 Abs. 4 Satz 4 VwVfG mit dem auf die Bekanntmachung folgenden Tag als bekanntgegeben.
Begründung:
1. Sachverhalt
Die zuständige Ordnungsbehörde musste wiederholt feststellen, dass sich spontane Personenansammlungen in dem oben unter Ziffer 1 der Allgemeinverfügung genannten Bereich zusammenfanden, um sich vorbeikommenden Passanten in gefahrdrohender Weise zu nähern oder diese zu belästigen. Infolge übermäßigen Alkoholgenusses sank dabei die Hemmschwelle, massive Störungen durch trunkenheitsbedingtes Verhalten sowie Anpöbeln von Passanten, Sachbeschädigungen und Körperverletzungsdelikten der einzelnen Gruppen untereinander oder gegenüber unbeteiligten Dritten waren die Folge. Darüber hinaus verunreinigen diese Personen öffentliche Verkehrsflächen und Anlagen durch die Verrichtung der Notdurft und durch Wegwerfen von Unrat und Glasflaschen.
Seit April 2023 sind beim Fachbereich Ordnung und Sicherheit der Stadt Cottbus/Chóśebuz insgesamt 16 Anwohnerbeschwerden eingegangen. Darin haben die Beschwerdeführer mitgeteilt, dass sich seit April 2023 regelmäßig bis zu 100 zum Teil schreiende, raufende und pöbelnde Personen am Schillerplatz aufhielten. Anlässlich dieser Bürgerhinweise wurden die Missstände detailliert beschrieben und teilweise dokumentiert und der Stadt Cottbus/Chóśebuz übergeben. Es handelt sich hierbei um typisch alkoholbedingte Verhaltensweisen, wie unverhältnismäßig laute Unterhaltungen und Auseinandersetzungen sowie enthemmtes Verhalten, wie Schreien, öffentliches Urinieren, Koten und Erbrechen auf die Straße und in die Hauseingänge, unkontrollierte Abfallentsorgung auf die Straße bzw. in die Parkanlage einschließlich Zerbrechen von Glasflaschen und das Begehen von Straftaten von einfachen Beleidigungen bis zu sexuellen Belästigungen, Sachbeschädigungen und Körperverletzungen.
Das Kernproblem liegt nach Einschätzung der Verwaltung aufgrund der vorhandenen Erkenntnisse aus Polizeiberichten und Anwohnerbeschwerden darin, dass bestehende Gruppen sich vor allem aus Jugendlichen und Heranwachsenden zusammensetzen, die dann regelmäßig ungehemmt zusammen mit ihren Freunden und Bekannten am Schillerplatz alkoholische Getränke verzehren.
Nach Einschätzung der Verwaltung hat sich der Schillerplatz für junge Menschen als Treffpunkt etabliert, so dass festzustellen war, dass die bisher getroffenen Maßnahmen und Gespräche sowie Gefährdungsansprachen nicht ausreichten, um eine Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung herbeizuführen. Selbst in den kühleren Winterwochen des Januars erhielt der Fachbereich Ordnung und Sicherheit Beschwerden von Anwohnern über Personenansammlungen und daraus folgende Lärmbelästigungen und alkoholinduzierte Ordnungswidrigkeiten.
Nach Mitteilung der Polizei sind die polizeilichen Einsatzanlässe seit Anfang Mai 2023 deutlich angestiegen. Die in diesem Zeitraum festgestellten Straftaten, die unmittelbar in Bezug zur besonderen Situation am Schillerplatz stehen, sind ebenfalls signifikant gestiegen. Laut Polizeiberichten kommt es regelmäßig zur Begehung von Straftaten. So wurden seit Anfang Mai 2023 mehrere Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung, Sachbeschädigungen, schweren Raubes und Landfriedensbruches eingeleitet.
Die Polizeiinspektion Cottbus/Spree-Neiße konzentrierte daraufhin viele Maßnahmen auf den Problembereich Schillerplatz. Dies hatte zur Folge, dass der Schillerplatz häufiger auch im engen Schulterschluss mit dem städtischen Vollzugsdienst der Stadt kontrolliert wurde. Immer dann waren kaum Störungen durch Jugendliche und junge Erwachsene festzustellen. Waren die Kontrollen beendet oder fanden an einem Wochenende nicht statt, war der gleiche Zustand wie zuvor wieder zu beklagen.
Damit verbleibt aus einhelliger Beurteilung von Verwaltung und Polizei als einzig gangbare Lösung zur Bewältigung des Problems der Erlass der nun vorgelegten Allgemeinverfügung.
2. Rechtliche Begründung
Gemäß § 13 Abs. 1 des Gesetzes über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden (Ordnungsbehördengesetz – OBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.08.1996 (GVBL I, S.266), können die Ordnungsbehörden die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Fall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (Gefahr) abzuwehren. Eine so beschriebene Gefahr ist eine Sachlage, bei der die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit entsteht. Die öffentliche Sicherheit umfasst die Einhaltung der Rechtsordnung sowie den Schutz von Individualrechtsgütern Dritter.
Die öffentliche Sicherheit ist gefährdet, wenn wie oben geschildert strafrechtliche oder ordnungsrechtliche Vorschriften verletzt werden. Darüber hinaus können Gefahren für andere Personen entstehen, z. B. durch Körperverletzungen, zudem kann es zu erheblichen Sachbeschädigungen kommen. Die öffentliche Sicherheit ist durch die drohenden Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Konsum und Mitführen von alkoholhaltigen Getränken begangen werden, beeinträchtigt. Betroffenes Schutzgut der öffentlichen Sicherheit ist hier insbesondere die Gesundheit der mehreren hundert Anwohner der umliegenden Straßen als subjektives Recht des Einzelnen, und hier wiederum vorrangig ihr Recht auf Nachtruhe und ungestörtes Verweilen am Schillerplatz.
Mit der menschlichen Gesundheit ist somit ein hochrangiges Schutzgut betroffen, so dass zur Bejahung einer Gefahr bereits eine mehr als nur geringfügige Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts ausreicht. Eine solche Wahrscheinlichkeit weiterer Störungen ohne Erlass dieser Allgemeinverfügung ist hier zu bejahen. Denn die aufgetretenen Störungen begannen bereits in den Vorjahren, und traten verstärkt in den Frühlings- und Sommermonaten auf. Angesichts der maßgeblichen örtlichen Umstände kann auch die erforderliche zumindest wesentliche Mitursächlichkeit des verbotenen Alkoholkonsums für die Störungen der öffentlichen Sicherheit bejaht werden. Dabei kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass der Konsum des Alkohols zuvor auch anderweitig, etwa zu Hause oder in Gaststätten, erfolgt ist. Ein wesentlicher Teil wird aber jedenfalls erst vor Ort konsumiert. Dies ergibt sich schon aus den entsprechenden Angaben der Anwohnerbeschwerden und der Feststellungen von Polizei und Verwaltung.
Dass der Alkohol vor Ort verzehrt wird, zeigt darüber hinaus auch die Vielzahl der dort zurückgelassenen Glasflaschen und Glasscherben nach fast jeder Nacht. Soweit diese nicht von den Betroffenen mitgenommen werden, sondern zerbrochen sind, mussten die Entsorgungsbetriebe den Schillerplatz täglich (einschließlich sonntags) “von Hand“ reinigen. Schließlich besteht vorliegend auch der Zusammenhang zwischen dem verbotenen Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit und den zuvor beschriebenen Störungen der öffentlichen Sicherheit. Bei den Störungen, die durch Erbrechen, Urinieren oder Koten eintreten, liegt dies auf der Hand. Zumindest mitursächlich für ein entsprechendes "Entleerungsbedürfnis" ist die Alkoholaufnahme. Auf Grund unmittelbar vor Ort fehlender öffentlicher Toiletten und einer alkoholbedingten Enthemmung erfolgt dann die "Entsorgung" auf der Straße und in den Eingängen der Anwohner. Anders als durch eine alkoholbedingte Enthemmung sind nach der Lebenserfahrung auch die regelmäßigen "sinnlosen" Vandalismus-Schäden in Form von zerbrochenen Flaschen, beschädigten Fahrrädern und Fensterscheiben, umgestoßenen Verkehrsschildern, entleerten Abfalleimern und Abfallsäcken, ausgerissenen Blumen oder zerstörten Klingelanlagen ebenso wenig zu erklären wie die Beleidigungen und Bedrohungen gegenüber sich beschwerenden Anwohnern. Schließlich spricht nicht nur die Lebenserfahrung, sondern auch die Berichte der Polizei und der Anwohner dafür, dass das öffentliche Feiern des sich am Schillerplatz aufhaltenden, überwiegend jungen Publikums nicht still, sondern auch bedingt durch den dort aufgenommen Alkohol lautstark vor sich geht. In welchem Ausmaß schließlich die wiederkehrend auftretenden sonstigen Störungen etwa in Form von Körperverletzungen, die nach den Polizeiangaben überwiegend von alkoholisierten Personen begangen worden sind, auf den Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit zurückgehen, kann deshalb offenbleiben. Bereits die vorgenannten Störungen reichen zur massiven Beeinträchtigung des gedeihlichen Zusammenlebens und der Nachtruhe sowie der objektiven Verunsicherung der Anwohner und der übrigen Bevölkerung aus. Diese Annahme wird indiziell durch die Erfahrungen nach dem Inkrafttreten der Allgemeinverfügung aus dem Jahr 2021 bestätigt, und zwar nicht nur von der Verwaltung, sondern auch von Anwohnern und der Polizei. Danach sind nicht nur das Urinieren und Erbrechen, sondern auch der Lärm sowie die Zahl der Straftaten nach Erlass der vorjährigen Allgemeinverfügung deutlich zurückgegangen.
Ziel eines angeordneten Alkoholverbots auf öffentlichen Plätzen ist einerseits die Verhinderung von Beschädigungen und Verunreinigungen; andererseits sollen Benutzer der öffentlichen Anlagen, insbesondere Kinder und ältere Menschen vor Gefährdungen oder Belästigungen durch das Verhalten von alkoholisierten Personen geschützt werden. Alkoholisierte Personen in den oben genannten Bereichen stellen aus diesen Gründen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar.
Der Erlass dieser Allgemeinverfügung ist notwendig, weil die Regelungen der Ordnungsbehördlichen Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Sauberkeit der Stadt Cottbus (Stadtordnung), mit Ausnahme des Alkoholverbotes auf Kinderspiel-, Bolz- und Skaterplätzen, keine Normen zu einem Alkoholverbot auf einzelnen öffentlichen Plätzen enthält.
Die Verfügung kann gemäß § 35 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes als Allgemeinverfügung ergehen. Eine Einzelverfügung kann nicht an einen generell Verantwortlichen gerichtet werden, so dass nur die gewählte Form der Allgemeinverfügung bleibt, d. h. eines Verwaltungsaktes, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet. Dabei sind der bestimmte oder bestimmbare Personenkreis in diesem Fall alle die Personen, die mit alkoholischen Getränken den Geltungsbereich aufsuchen.
Durch das Alkoholverbot wird gewährleistet, dass sich die Anzahl alkoholisierter Personen im Geltungsbereich vermindert. Auf diesem Wege sollen die Belästigungen und die Gefährdungen von Personen vermieden und verhindert werden. Es handelt sich hierbei um das geeignete, erforderliche und verhältnismäßige Mittel, um die von alkoholisierten Personen ausgehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit abzuwehren.
Das Verbot ist auf Grund des zuvor bejahten Zusammenhangs zwischen dem nunmehr verbotenen Alkoholkonsum und insbesondere den zu bekämpfenden alkoholbedingten Ordnungswidrigkeiten nach §§ 117, 118 OWiG sowie der dadurch bedingten Gesundheitsbeeinträchtigung der Anwohner zu deren Schutz geeignet. Vor diesem Hintergrund ist ein Alkoholverbot das mildeste Mittel, um die Grünanlage und ihre Funktionen zu schützen. Der Schutz Gewaltvorfälle im Vorfeld zu unterbinden und potenzielle Opfer zu schützen steht hierbei im Vordergrund. Ein milderes, aber gleich wirksames Mittel zur gebotenen Beruhigung der Situation am Schillerplatz ist nicht gegeben, wie sich schon aus der wiedergegebenen ausführlichen Begründung dieser Allgemeinverfügung hinsichtlich der insoweit vergeblichen vorherigen Bemühungen ergibt.
Schließlich ist das Alkoholverbot auch angemessen und beschränkt die Betroffenen nicht unzumutbar in ihrem Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG. Der Eingriff ist insoweit nur geringfügig, da den Betroffenen nur an einem eng begrenzten Ort für eine befristete Zeit die Möglichkeit zum Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit genommen wird und die Verbotszone auch objektiv keine Besonderheiten aufweist, auf Grund deren ein Aufenthalt gerade dort unersetzbar wäre. Demgegenüber wiegt der nach Art. 2 Abs. 2 GG gewährleistete Schutz der Gesundheit der über mehrere hundert Anwohner schwerer.
Zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit besteht zudem im Einzelfall die Möglichkeit, gemäß dieser Allgemeinverfügung Ausnahmen vom Alkoholkonsumverbot zu bewilligen.
3. Zuwiderhandlungen
Entsprechend § 23 Ziffer 1 e des OBG in Verbindung mit § 16 des Brandenburgischen Polizeigesetzes können Platzverweise und Aufenthaltsverbote ausgesprochen werden. Zuwiderhandlungen gegen diese Verfügung können mit einem Bußgeld bis zu 1.000,00 Euro geahndet werden.
Für das Verfahren und die Höhe der Geldbuße gelten die Vorschriften des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 602) in der jeweils gültigen Fassung.
4. Anordnung der sofortigen Vollziehung
Gem. § 80 Abs. 2 Ziffer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) wird die sofortige Vollziehung dieser Verfügung angeordnet. Das bedeutet, dass auch ein eventuell eingelegter Rechtsbehelf nicht von der Verpflichtung entbindet, die verfügten Auflagen sofort zu befolgen. Vor allem die hohe Wahrscheinlichkeit, dass weitere Störungen unter den dargelegten Umständen neuerlich begangen werden, zwingt zu sofortigem Handeln. Es liegt somit im dringenden öffentlichen Interesse, dass durch das Einlegen von offensichtlich unbegründeten Rechtsmitteln die Durchsetzbarkeit der verfügten Auflagen nicht auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben wird. Die Gefahr, die von alkoholisierten Personen in den genannten Bereichen ausgeht, ist höher einzuschätzen als persönliche Interessen an der aufschiebenden Wirkung eines eingelegten Rechtsmittels.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Verfügung kann innerhalb eines Monats nach ihrer Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Ein Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift beim Oberbürgermeister der Stadt Cottbus/Chóśebuz, Neumarkt 5, 03046 Cottbus zu erheben.
Hinweis:
Gem. § 41 Abs.4 Satz 1 VwVfG ist nur der verfügende Teil einer Allgemeinverfügung öffentlich bekannt zu machen. Die Allgemeinverfügung mit Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung ist durch Aushang veröffentlicht im Foyer der Stadtverwaltung Cottbus, Am Neumarkt 5, Karl-Marx-Str. 67 und Berliner Straße 154. Gleichzeitig ist die Allgemeinverfügung im Internet unter www.cottbus.de/alkoholverbot einsehbar.
Cottbus, 30.05.2023
gez. Manuel Helbig
Fachbereichsleiter Ordnung und Sicherheit