Jan Gloßmann

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete, liebe Cottbuserinnen und Cottbuser,

die Schlachten sind geschlagen, die Kämpfe ausgefochten, die Blessuren gepflegt, die Siege begossen – die Bürgerinnen und Bürger haben gewählt. Es können, das sei mir an dieser Stelle gleich mal gestattet, jetzt auch noch die letzten verbliebenen Wahlplakate abgenommen werden. Wir gehen in eine neue Legislatur. Und es ist wohl auch so, dass eine neue Zeit anbricht in neuen Konstellationen.

Dazu heiße ich Sie alle herzlich willkommen im Stadthaus, unserem Haus der Demokratie. Wir starten – und das folgende Wort werden Sie in den kommenden Monaten und Jahren noch oft hören: gemeinsam in die VIII. Legislatur der Stadtverordnetenversammlung Cottbus/Chóśebuz.

Wir werden uns finden müssen zu den Themen, die die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt umtreiben. Finden müssen bedeutet vor allem, Mehrheiten zu organisieren oder Mehrheiten zu finden für Ideen oder Vorschläge, Anträge oder Vorlagen. Wenn Mehrheiten etwas ablehnen, dann ist das eben abgelehnt. So ist das politische Geschäft. Darüber darf man sich dann nicht beschweren. Die Wählerinnen und Wähler haben ihre Stimmen so verteilt, wie wir das aus dem Wahlergebnis ablesen können. Das heißt jedoch nicht, dass die zahlenmäßig stärkste Fraktion automatisch eine Mehrheit der Stimmen hier im Hohen Haus abbildet. Möglicherweise ist das für die Wahrnehmung Ihrer Arbeit draußen in der Stadt wichtig zu betonen. Die Mehrheitsverhältnisse in der Stadtverordnetenversammlung können andere sein, als sie aus dem Wahlergebnis erkennbar scheinen. Sie wissen am besten, dass nach den Wahlen Koalitionen gebildet werden oder andere formale oder weniger formale Verbünde entstehen für gemeinsame Abstimmungen. Eben das ist die Organisation von Mehrheiten für politische Beschlüsse.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich freue mich auf alle bekannten und neuen schöpferischen Geister hier in der Stadtverordnetenversammlung, den Fachausschüssen, den Aufsichtsgremien oder den Ortsbeiräten. Sie, die Sie sich freiwillig mit den kommunalen Realitäten, den Zwängen eines städtischen Haushaltes und den vielen, oft langweiligen, aber vom Gesetzgeber vorgegebenen Realitäten und Formalien auseinandersetzen wollen. Da ist wie bisher viel Sitzfleisch und Debattierfreude, vor allem aber die Fähigkeit zu Kompromissen und Entscheidungen vonnöten.

Es ist ja nicht so, dass es in diesem Haus noch nie kritische Nachfragen zur Vorlagen der Verwaltung oder hitzige Debatten zu Anträgen aus den Fraktionen gegeben hätte. Wir müssen das politische Leben nicht gänzlich neu erfinden. Es sind aber alle eingeladen, sich an der Sacharbeit im Sinne der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt zu beteiligen.

Dazu sind Sie, dazu bin ich, dazu sind wir gemeinsam gewählt worden. Befassen wir uns mit dem, was wir hier in Cottbus/Chóśebuz entscheiden können. Wir brauchen an Fußgängerüberwegen, bei der Sanierung von Kita oder Schule, bei Gebührensatzungen, der Jugendarbeit und und und keine politischen oder ideologischen Grundsatzdebatten. Das nehmen uns die Bürgerinnen und Bürger nicht ab. Diesen aber sind wir verpflichtet.

Ich biete allen die Zusammenarbeit an. Ich sage aber ganz deutlich: Da, wo Aussagen, da wo Worte, da wo Gesten und da wo Handlungen den Rahmen oder die Linien zum Strafbaren überschreiten, wo die Freiheitsrechte und die Würde anderer Menschen verletzt werden, da ist für mich jegliche Kooperation und Tolerierung beendet.

In dieses Hohe Haus gehören Respekt, gegenseitige Achtung, Toleranz bis hin zur Duldsamkeit, die Akzeptanz für den Willen der demokratischen Mehrheit, die gleichzeitige Kenntnisnahme oder Anerkennung für die Belange der jeweiligen politischen Minderheit, verbale Abrüstung und eine Einigung auf gemeinsame Werte, wie sie im Grundgesetz dieser Bundesrepublik festgeschrieben sind. Wir gemeinsam haben es in der Hand, einer polarisierten Gesellschaft zu zeigen, dass trotz emotionalisierter Debatten in der Sache Kompromisse und Lösungen für die Bürgerschaft möglich sind. Alles andere hieße scheitern.

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Sie neu in die Stadtverordnetenversammlung einziehen: Machen Sie sich vertraut mit den Gepflogenheiten und Gegebenheiten im Hohen Haus, stellen Sie gern Gewohntes in Frage, aber verwechseln Sie diese unsere Arbeit nicht mit der des Bundes- oder des Landtages. Sie haben viele erfahrene Kommunalpolitiker an ihrer Seite. Wir fangen also gemeinsam nicht bei null an.

Sie sitzen jetzt an den berühmten Hebeln der Macht, und sie werden merken, dass das gern auch Hebel der Ohnmacht sind. Wir haben Recht und Gesetz zu achten und müssen darin Vorbild sein. Das erwarten die Bürger und Bürgerinnen unserer Stadt von uns allen.

Die Herausforderungen werden nicht kleiner. Wir meistern weiter den Spagat zwischen den großen Strukturwandel-Vorhaben, die Gestalt annehmen, und den Aufgaben, die wir in den Ortsteilen für das täglich funktionierende Leben zu lösen haben. Dazu zählen vernünftige Bedingungen an Kita und Schule, dazu zählt ihre Reparatur von Straßen und Wegen, die Grünpflege, diverse Bescheide und so vieles mehr. Diese Herausforderung erfordert Kreativität, Mut und – soweit es Recht und Gesetz zulassen – auch ein unkonventionelles Herangehen, um Lösungen zu finden. Diese Herausforderungen haben ihr Gutes. Denn ich bin überzeugt davon, dass wir hier die Entwicklung und Zukunft unserer international verankerten Stadt nicht nur verwalten, sondern sehr direkt und verantwortungsbewusst gestalten.

Wünschen wir uns gemeinsam und gegenseitig viel Glück dafür, den nötigen Sachverstand und die Fähigkeit zum Ausgleich von Interessen. Ich finde, das ist eine gute Basis und ein schöner Auftakt für die gemeinsame Arbeit für alle Menschen, die in Cottbus/Chóśebuz friedlich leben wollen.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.