Oberbürgermeister Holger Kelch hat den Bund und die Bahn AG davor gewarnt, mitten im Strukturwandel bestehende Arbeitsplätze in der Industrie in Cottbus zu gefährden oder aus der Stadt zu verlagern. So verfüge das Instandsetzungswerk der Bahn in Cottbus über ausreichend Kapazitäten. Dennoch müssen Fachkräfte aus Cottbus an andere Standorte pendeln, an die die Fertigung verlagert worden ist. Dadurch ist die Zahl der Jobs im Cottbuser Werk auf 500 gesunken. „Das widerspricht den immer wieder genannten Zielen, im Strukturwandel und bereits vor dem Kohle-Aus Industriejobs zu sichern oder neu zu schaffen. Politik macht sich so unglaubwürdig", so Kelch, der sich gemeinsam mit dem Lausitzer Bundestagsabgeordneten Dr. Klaus-Peter Schulze per Brief sowohl an die Strukturkommission des Bundes als auch an den Bahnvorstand gewandt hat. Hier könnten Entscheidungen pro Cottbuser Standort und damit pro Lausitz getroffen werden, da der Bund Eigentümer der Bahn ist.
„Der einstige strukturprägende Bahnstandort Cottbus wurde im Zuge der politischen Wende einem ständigen Rationalisierungsprozess unterzogen. Allein im Werk Cottbus der DB Fahrzeuginstandhaltung GmbH sind von ehemals 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch etwa 500 tätig. Zwar gibt es die grundsätzliche Aussage in der Werkestrategie, keinen der Werksstandorte zu schließen und Cottbus zu einem Zentrum für die Umrüstung herkömmlicher Technik auf Hybridloks zu entwickeln, jedoch mit welchem Personalbesatz?", heißt es in dem Schreiben.
Jüngstes Beispiel ist die Radsatzaufarbeitung. Diese wurde zum 01.05.2018 endgültig in Cottbus eingestellt und auf vier ohnehin mit Aufträgen gut ausgelastete andere Standorte verteilt. Die Konsequenz für das Werk in Cottbus: 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können am Standort nicht mehr beschäftigt werden und reisen der Arbeit in den Werken hinterher. Kelch und Schulze schreiben: „Junge Menschen sind dazu sicher nur befristet bereit und ansonsten für uns verloren." Wenn dann aber zur Kenntnis zu nehmen ist, dass im Werkeverbund etwa 500 Zeitarbeitnehmer im Einsatz sind, um in gut ausgelasteten Werken die Aufträge abzuarbeiten, so ist die Frage erlaubt, warum nicht die Arbeit im Unternehmen so verteilt wird, dass eine dem jeweiligen Werk entsprechende Auslastung gewährleistet werden kann, heißt es in dem Schreiben. Cottbus könnte etwa 1 Million Fertigungsstunden im Jahr mit etwa 800 bis 1.000 Beschäftigten realisieren und ist von den Voraussetzungen des Werkes her in der Lage, vielschichtige Aufträge abzusichern.
Der Strukturwandel könne nur gelingen, wenn neben den Kapazitäten der Hochschulen vor Ort und für deren neue Technologien und Forschungen auch hochqualifizierte und zukunftsfähige Arbeitsplätze zur Verfügung stehen, auf denen die Ideen umgesetzt werden können. Dazu seien ausreichend Fachkräfte notwendig. Diese aber wandern ab, wenn mit dem Wegfall von Industriearbeitsplätzen keine Alternativen aufgezeigt werden.
In Cottbus und der Lausitz dürften nicht weiter noch gut funktionierende industrielle Strukturen zerschlagen werden. Die wenigen strukturbestimmenden Unternehmen unserer Region dürften nicht noch zusätzlich geschwächt werden. In dem Schrieben heißt es weiter: „Vielmehr ist der Bund zwingend in der Verantwortung und wir sehen es als einen ganz konkreten und praktikablen Vorschlag unsererseits im Interesse des Strukturwandels, durch eine gerechte Verteilung von Leistungen im Werkeverbund in Cottbus Arbeitsplätze zu erhalten und neue Arbeitsplätze zu schaffen." Nur so können die Bürgerinnen und Bürger Vertrauen in den Strukturwandel entwickeln.