Eröffnung der neuen Sonderausstellung im Stadtmuseum Cottbus am 23. Juli 2021 um 18 Uhr.
Welchen Einfluss hat und hatte die Industrie auf die Lausitz? Die Ausstellung im Stadtmuseum Cottbus nimmt die industrielle Entwicklung in der Lausitz in den vergangenen 3.000 Jahren in den Blick. Der industriebedingte Landschaftswandel in der Lausitz wird dabei besonders betrachtet. Die Ausstellung verharrt aber nicht nur in der Vergangenheit. Zwischen Tertiärwald und Ostsee blickt die Ausstellung auch in die Zukunft. Die Lausitz befindet sich in einem kaum vorstellbaren Wandel, wo geht es hin?
Von der Bronzezeit über die Eisenzeit bis zur Entstehung des Hüttenwerks in Peitz und dem Eisenhammer in Lauchhammer blickt das Stadtmuseum Cottbus in Kooperation mit dem Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseum auf die Spuren der Energiegewinnung und Industrie. Sei es das Holz und die Holzkohle, die den Bronze- und Eisenguss bestimmten oder die Braunkohle und Braunkohlebriketts, ohne die das Textil- und Glasgewerbe nicht existiert hätte.
Ohne die Schornsteine der Textilfabriken mit ihren Standorten in Cottbus, Guben und Forst wäre die Silhouette des Branitzer Parks im 19. Jahrhundert kaum denkbar gewesen. Und auch in der DDR bestimmte die Braunkohle die Energiewirtschaft.
Heute ist die Lausitz ein wichtiger Standort für erneuerbare Energie und ein Experimentierfeld für neue Industrien. Der Ausstieg aus der Braunkohlennutzung erfordert neben dem Energieträger Gas vor allem alternative Energieträger. Die Niederlausitz ist ein Experimentierfeld für diese alternativen Energieträger. Von der Slawenburg Raddusch blickt man bspw. auf ein Solarpanelfeld in Richtung Spreewald und am Cottbuser Ostsee befindet sich ein Windpark.
Diesem Wandel folgen wir in unserer Ausstellung unter dem Schlagwort ENERGIE. Auf unterschiedliche Art und Weise wird diese benötigt, auch werden in den historischen Epochen verschiedene Energieträger genutzt. Immer aber hat diese Rohstoffnutzung einen Einfluss auf die Ausgestaltung der Gesellschaft und der menschlichen Siedlungen. Daraus resultieren letztlich auch die Veränderungen der Kulturlandschaft in den historischen Epochen.
Versteht man den Begriff Industrie in seiner historischen Entwicklung, so dokumentierter zugleich auch den gesellschaftlichen Wandel vom Handwerk zur industriellen Produktion. Der lateinischen Begriff Industria bezeichnet heute die „eifrige Tätigkeit oder Beharrlichkeit und reger Fleiß“, wird aber auch als „Unternehmungsgeist “verwendet. In einer ursprünglichen Bedeutung instruere wurde er für „einfügen, errichten oder ausrüsten“ genutzt, als industrius auch für „regsam oder beharrlich“. Im 18. Jahrhundert wird der Begriff in die französische Sprache als Industrie übernommen und im Sinne von. „beharrlich, geschäftig, fleißig“ verwendet.
In dieser mehr als 3.000 Jahre währenden industriellen Entwicklung der Niederlausitz und der damit verbundenen permanenten Umgestaltung der Landschaft entwickelten sich hier in den verschiedenen historischen Epochen unterschiedliche frühindustrielle und industrielle Schwerpunkt, die sich mit den Schlagworten Bronze und Eisen / Lausitzer Glas / Textilwaren und Teppiche / Braunkohle und Strom fassen lassen. Darüber hinaus kommen weitere Begriffe zum Tragen, die eher gesellschaftliche Strukturen andeuten: Serienproduktion /Kaufhausprinzip / Massenware. Den landschaftlichen und industriellen
Wandel, der immer auch gesellschaftliche Veränderungen zur Folge hatte, beschreiben u. a. die Begriffe Siedlungsstrukturen / Industriestandorte / Devastierung und Umsiedlung / Natur im Wandel. Einen aktuellen Ansatz dazu bietet das Stadtentwicklungsprojekt Cottbuser Ostsee, dessen Flutung begonnen hat und der schon heute einen entscheidenden Wandel in der strukturellen und räumlichen Entwicklung der Stadt Cottbus mit sich bringt.
Der erste Raum der Ausstellung ist dem Thema Strukturwandel in der Niederlausitz gewidmet. Kaum eine Region Deutschlands ist so geprägt von Migrationen, Klimaveränderungen und Klimakatastrophen wie die Lausitz. Diese sind teilweise dem Wirken der Menschen in der Region geschuldet. Hier spannt sich der Biogen von der Dampfmaschine zum Windrad und Solarfeld. Mit Blick auf Cottbus richten wir unser Augenmerk auf die Seevorstadt, die BTU, das Carl-Thiem-Klinikum, das moderne Bahnwerk und das TIP-Gelände.
Der folgende Raum ist dem Bodenschatz Braunkohle gewidmet. Bei einer Bohrung bei Bockwitz – dem heutigen Lauchhammer-Mitte – stoßen die Arbeiter 1798 auf einen Kohleflöz. Genau 100 Jahre später wird der erste Abraum-Kettenbagger in der Grube „Milly“ in Bockwitz eingesetzt. Der industrielle und großflächige Abbau der Niederlausitzer Braunkohle in zahlreichen Tagebauen prägt die Landschaft bis heute.
Im Dritten Raum richten wir den Blick auf den Werkstoff Eisen. Das Peitzer Eisenhütten- und Hammerwerk von 1550 ist ein Beispiel, wie in der Niederlausitz der Rohstoff Eisen bis in das 20. Jahrhundert weiterverarbeitet wurde. Produziert wurden hier unter anderem Haushaltswaren, Ackergeräte aber auch Kanonenkugeln für die Armee. Hier nahm bereits 1658 der erste Hochofen Brandenburgs seinen Betrieb auf, der 1810 durch einen Neubau ersetzt wurde. Nachdem in der Region von Mückenberg (heute: Lauchhammer-West) Raseneisensteinvorkommen entdeckt wurden, gründet Freifrau von Löwendahl 1725 hier ein Eisenwerk. Dieses entwickelt Detlev Carl von Einsiedel zur Kunst- und Glockengießerei weiter. Im19. Jahrhundert erfolgt die Anfertigung von Eisenkunstgüssen und Arbeiten in Bronze. Auch Kirchenglocken werden hier gegossen.
Mit dem vierten Ausstellungskomplex wenden wir uns den Teppichen und Tuchen zu. Mit der Einführung der Dampfmaschine wandelt sich die Textilproduktion. Sie ermöglicht die industrielle Textilproduktion, die sich bis zum Ende des 19. Jahrhunderts insbesondere in Cottbus und Forst durchsetzt. Zugleich wird Cottbus – bis1991 – auch ein Standort für die Teppichherstellung. Die Teppiche werden in die ganze Welt exportiert.
Im letzten Ausstellungsraum präsentieren wir Glasschätze der Lausitz. Die Ansiedlung erster Glashütten in der Niederlausitz ist seit dem 18. Jahrhundert nachweisbar. Sie benötigen Holzkohle und verwenden dafür das Holz der Umgebung. Später wird das Holz beziehungsweise die Holzkohle aus anderen Regionen geliefert. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts wird zunehmend Torf und später Braunkohle eingesetzt. Später stellen die Glashütten auf Gasfeuerung um. Jedoch ist Holz bis heute ein wichtiger Rohstoff und findet im Werkzeug- und Formenbau in Glashütten Verwendung.
Am Freitag eröffnen wir den ersten Teil der Sonderausstellung. In einem zweiten Abschnitt richten wir den Blick auf die Braunkohlearchäologie. Geplant ist noch die Publikation eines „Wimmelbuches“, mit dem vor allem Kinder angesprochen werden sollen. Geplant war eigentlich für den August noch eine Tagung in Kooperation mit der Universität Potsdam. Auf Grund der aktuellen Situation haben wir diese abgesagt, bereiten aber noch eine Publikation vor. Die entsprechenden Termine geben wir rechtzeitig bekannt.
Die Ausstellung wird gefördert vom Historischen Heimatverein Cottbus e. V.
Ein Projekt im Rahmen von Kulturland 2021 „Zukunft der Vergangenheit – Industriekultur in Bewegung“. Kulturland Brandenburg 2021 wird gefördert durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur sowie das Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung des Landes Brandenburg. Mit freundlicher Unterstützung der brandenburgischen Sparkassen und der Investitionsbank des Landes Brandenburg.