Wer in diesen Tagen in der Bio-Bäckerei Schmidt in der Straße der Jugend 83 in Cottbus einkauft, wird etwas verwundert sein. Denn Kundinnen und Kunden bekommen die Backwaren in besonderen Brottüten verpackt. Die Tüten tragen die Telefonnummern des Carl-Thiem-Klinikums Cottbus sowie des Cottbuser Frauenschutzhauses und machen auf die medizinische Soforthilfe und die vertrauliche Spurensicherung nach einer Vergewaltigung aufmerksam.

Und das hat auch einen triftigen Grund. Der 25. November ist der Internationale Gedenktag „Nein zu Gewalt an Frauen". Aus diesem Anlass werden seit Wochenbeginn in über 150 Bäckereien im ganzen Land Brandenburg öffentlichkeitswirksam 250.000 Brottüten mit der Aufschrift „Gewalt kommt mir nicht in die Tüte" verteilt.

„Ich freue mich, dass in unserer Stadt Diana Lewandowski als Inhaberin der Bio-Bäckerei Schmidt die Aktion unterstützt. Damit sollen die Kliniken, die seit drei Jahren diese anonyme Spurensicherung anbieten, bekannter gemacht werden. Außerdem werden auf der Brottüte auch die Kontaktmöglichkeiten zu allen Frauenhäusern und von Beratungsstellen beworben", erklärt Sabine Hiekel, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Cottbus/Chóśebuz.

Bei der medizinischen Soforthilfe und vertraulichen Spurensicherung nach einer Vergewaltigung handelt sich um die Möglichkeit, innerhalb von 48 Stunden nach einer Vergewaltigung medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen und gleichzeitig die Beweise vertraulich, d.h. anonym, für maximal drei Jahre sichern zu lassen. Damit besteht die Möglichkeit, auch später noch Anzeige bei der Polizei zu erstatten.

In Cottbus ist diese Hilfe am Carl-Thiem-Klinikum (Tel. 0355 460) möglich. Betroffene Personen können sich bei der Notaufnahme im Krankenhaus melden und nennen den Schlüsselsatz: „Ich brauche dringend ein Gespräch mit einer Gynäkologin" (Frau), „Ich brauche dringend ein Gespräch mit einem Urologen" (Mann). Dann werden die Betroffenen unverzüglich zur entsprechenden Station weitergeleitet.

Die erhobenen Spuren werden dann unter einem Code aufbewahrt, den nur die betroffene Person freigeben kann und könnten bei eventuellem späterem Entschluss zur Anzeige genutzt werden.

Weitere Informationen zur Hilfe nach einer Vergewaltigung erhalten sind erhältlich unter: www.hilfe-nach-vergewaltigung-brandenburg.de .

Informationen über die Aktionswoche:

http://frauenpolitischer-rat.de/project/nein-zu-gewalt-gegen-frauen/

In Cottbus registrierte die Polizei im Jahr 2016 insgesamt 70 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung.

Im Bereich der häuslichen Gewalt stieg die Zahl der registrierten Fälle um 52 im Jahr 2015 auf insgesamt 247 an. Dabei waren 79,8 Prozent der Opfer weiblich.

Im Jahr 2016 suchten 62 Frauen mit 104 Kindern Zuflucht und Beistand im Cottbuser Frauenschutzhaus. Insgesamt führten die Mitarbeiterinnen der Einrichtung dabei 634 Beratungen durch, davon waren 413 telefonische und 221 persönliche Beratungsgespräche.

Hintergrund:

Im Jahr 1999 erklärten die Vereinten Nationen den 25. November zum „Internationalen Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen". Seither wird an diesem Tag alljährlich durch weltweite Aktionen auf die gegen Frauen ausgeübte Gewalt aufmerksam gemacht.

Die Initiative für diese Aktion ging vom Frauenpolitischen Rat Brandenburg e. V. aus, der zu diesem Zwecke mit der Opferhilfe Land Brandenburg e. V., der Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten des Landes Brandenburg und dem Netzwerk der brandenburgischen Frauenhäuser sowie dem Landesverband der Bäckereien und Konditoreien Berlin-Brandenburg e. V. kooperiert. Die Brottütenaktion, wie auch die Spurensicherung, wird gefördert durch das Land Brandenburg