Oberbürgermeister Holger Kelch fordert die Landesregierung auf, sich um die tatsächlichen Probleme im Land zu kümmern und der geplanten Kreisgebietsreform mit einer Funktional- und einer Finanzreform eine solidere Grundlage zu geben. Die jüngsten Treffen des Innenministers mit Landräten und Oberbürgermeistern hätten gezeigt, dass es auf drängende Fragen zur Integration von Flüchtlingen, zu Altanschließern und Kommunalfinanzen keine Antworten seitens des Landes gibt. „Es gibt Wichtigeres im Land zu erledigen, als sich mit einer lediglich politisch motivierten Reform zu beschäftigen." Zu dieser Debatte sagt Kelch: „Bisher hat keine Diskussion über belastbare Fakten stattgefunden." Auch von der Regionalkonferenz am Dienstag, 1. März, in der Lausitz-Arena in Cottbus seien keine Ergebnisse zu erwarten.
Bislang sei es den Verfechtern des unausgegorenen Reformansatzes lediglich gelungen, in Cottbus Einrichtungen wie das Kinder- und Jugendtheater Piccolo oder die Straßenbahn infrage zu stellen und Bürger und Beteiligte zu verunsichern. Solche Probleme könnten und müssten bereits jetzt gelöst werden, ohne sie mit einer Kreisgebietsreform zu vermischen. Ansonsten habe das Vorgehen des Landes etwas von einem Handel: Wir geben euch Geld, ihr gebt die Kreisfreiheit auf. Kelch hatte auf der jüngsten Stadtverordnetenversammlung an die Adresse von Innneminister Karl-Heinz Schröter erklärt: „Wir verkaufen nicht, schon gar nicht um den Preis unserer Freiheit als Stadt und der der Bürgerinnen und Bürger."
Der Cottbuser Finanz-Beigeordnete Markus Niggemann hat sich zudem die jüngsten Ankündigungen des Finanzministers genauer angeschaut, nach welcher die Stadt Cottbus bei einer Einkreisung Soziallasten mit einem Volumen von über 20 Millionen auf den Kreis übertragen könne. Diese Berechnung hält Niggeman für nicht tragfähig. Nach eigenen Berechnungen würde die Stadt Cottbus allein durch die Kreisumlage ein Minus im knapp zweistelligen Millionenbereich drohen. Insgesamt würde es unterm Strich sowieso für Stadt und neuem Kreis teurer: Bei einer Einkreisung müsste in Cottbus eine ganz neue Verwaltungsebene aufgebaut werden, da die kreisfreie Stadt Cottbus zur Zeit Gemeinde- und Kreisaufgaben aus einer Hand erledigt. Bei einer Einkreisung würde diese Synergie in der Verwaltung zerschlagen. Über die Hälfte der Fachbereiche der Stadtverwaltung Cottbus wäre von einer Aufsplittung bzw. vom Aufbau einer Doppelstruktur betroffen. Was heute ein Amt oder eine Behörde erledigen kann, müssten nach einer Einkreisung oft zwei Ämter bzw. Behörden erledigen. Diese komplizierteren Verwaltungprozesse würden voraussichtlich Verwaltungsmehrkosten in Cottbus in der Größenordnung eines weiteren knapp zweistelligen Millionenbetrags pro Jahr betragen wie ein Vergleich mit den brandenburgischen Landkreisen zeigt. Diese haben aufgrund der Trennung von Gemeinde- und Kreisaufgaben im Durchschnitt über 14% mehr Verwaltungsmitarbeiter pro 1000 Einwohner als Cottbus, obwohl über 20% der Mitarbeiter der Stadt Cottbus mit der Wahrnehmung oberzentraler Aufgaben beschäftigt sind, welche daher in einem Vergleich mit Landkreisen eigentlich noch rauszurechnen wären. Den strengen Kurs, den die Stadt Cottbus in der Haushaltskonsolidierung eingeschlagen hat, um die fehlende Ausfinanzierung der übertragenen Aufgaben von Bund und Land, die Gewerbesteuerausfälle, die hohen Soziallasten und die Mehrkosten als Oberzentrum auszugleichen, würde somit durch eine Einkreisung konterkariert. Die jährlichen Verwaltungsmehrkosten würden aus heutiger Sicht die vom Land in Aussicht gestellte höhere Kulturförderung im niedrigen einstelligen Millionbereich bei weitem nicht ausgleichen - schließlich würden die Mehrkosten der erheblich komplizierteren Verwaltung höher sein als die Zuschüsse für Staatstheater, Tierpark, Gladhouse, Stadtmuseum, Konservatorium, Regionalbibliothek, Stiftung Fürst Pückler Museum und Park zusammen. Das für die kompliziertere Verwaltung zusätzlich benötigte Geld würde dann für Ausgaben fehlen, die den Bürgern zugute kommen. Niggemann: „Es ist ein Trugschluss, Landkreise und kreisfreie Städte eins zu eins vergleichen zu wollen