Cottbus steht, wie andere Städte in Brandenburg und auch in Deutschland, vor lufthygienischen Problemen. Dies gilt insbesondere für die Feinstaubsituation. Hier macht vor allem der Parameter PM10 Sorgen. Seit dem Jahr 2005 sind die Grenzwerte für PM10-Schwebstaub verbindlich geregelt. Diese Grenzwertregelung begründet sich auf die europäische Luftqualitätsrichtlinie, die in das Bundesimmissionsschutzrecht Einzug gefunden hat.
In der Vergangenheit konnte in Cottbus punktuell wiederholt der Grenzwert für PM10-Schwebstaub nicht eingehalten werden. Dies bezieht sich auf die Jahre 2005 bis 2011 und lag im besonderen Maße an meteorologisch begünstigten Fremdeinträgen aus dem oberschlesischen Industrieraum und an Feinstaubemissionen aus dem städtischen Kfz-Verkehrsaufkommen. Durch die starke Canyonbildung in der Cottbuser Bahnhofstraße und ihre Nord-Süd-Ausrichtung können sich Luftschadstoffe hier besonders gut anreichern. Deshalb befindet sich eine verkehrsbezogene Messstelle bereits seit Anfang der 90er-Jahre in dieser Straße.
Das Cottbuser Feinstaubproblem der vergangenen Jahre ging also vor allem auf diese spezielle Situation in der Bahnhofstraße zurück. Die Grenzwertüberschreitungen der Vergangenheit in Cottbus für den PM10-Schwebstaub führten dazu, dass für die Stadt ein Luftreinhalte- und Aktionsplan aufgestellt werden musste. Diesen Plan erklärten die Stadtverordneten im Jahr 2006 für verbindlich. Der Cottbuser Luftreinhalteplan enthält als eine der Kernmaßnahmen der Verkehrsverlagerung die Fertigstellung des Mittleren Ringes im Einklang mit dem Umbau der Bahnhofstraße. Dies sollte bewirken, dass 40 Prozent des Kfz-Verkehrs aus der Bahnhofstraße verlagert werden, insbesondere auf den Mittleren Ring.
Diese Kernmaßnahme des Cottbuser Luftreinhalteplanes ist von der Europäischen Kommission als erfolgreich anerkannt. Dies ist umso mehr von Bedeutung, da auch die Stadt Cottbus unter Beobachtung der EU-Kommission stand und bei fortgesetzter Nichteinhaltung der Grenzwerte für PM10-Schwebstaub ohne wirkungsvolle Gegenmaßnahmen ein weiterer Anlass für ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland und hier das Land Brandenburg entstanden wäre. Insofern war der Umbau der Bahnhofstraße im Kontext mit der Schließung des Mittleren Ringes alternativlos.
Lufthygienische Probleme durch innerstädtische Verkehrsverlagerung dieses Umfangs mittels Straßenumbau zu lösen, ist eine Methode, die nahezu Pilotcharakter besitzt. Dieser „Cottbuser Weg" zur Verbesserung der lufthygienischen Situation in der Stadt führt unter anderen auch dazu, dass das Thema Umweltzone für Cottbus entbehrlich ist. In der Zwischenzeit wurde die Bahnhofstraße in den Jahren 2011 und 2012 zu einer attraktiven Innenstadtstraße umgebaut. Diese Umgestaltung wurde aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) für Vorhaben des Immissionsschutzes und zur Begrenzung energiebedingter Umweltbelastungen mit 75 Prozent gefördert.
Im September 2013 fand mittels Verkehrszählungen eine Überprüfung statt, inwieweit der Umbau der Bahnhofstraße, im Einklang mit der Schließung des Mittleren Ringes, tatsächlich zu einer Abnahme der Verkehrsbelastung in der Bahnhofstraße geführt hat. Die Zählungen ergaben, dass sich die dortige Verkehrsbelegung um 40 Prozent reduziert hat. Vor dem Umbau durchfuhren 26.300 Fahrzeuge pro Tag die Bahnhofstraße. Nach dem Umbau wurden täglich 15.500 Fahrzeuge gezählt. Auch die Funktion des Mittleren Ringes als Entlastungsstraße für die Cottbuser Innenstadt wurde durch die Verkehrszählung bestätigt. Fuhren vor dem Straßenumbau etwa 3.000 Fahrzeuge über Waisenstraße, Wilhelm-Külz-Straße, Stadtring und Nordring, so benutzen heute ca. 10.000 Fahrzeuge täglich dasselbe Teilstück. Welche Auswirkungen diese Verkehrsverlagerung auf die Entwicklung der lufthygienischen Parameter im Jahr 2013 hatte, wurde vom Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz nunmehr ausgewertet.
Demnach wurde im Vorjahr in der Bahnhofstraße die bisher niedrigste PM10-Schwebstaubbelastung seit Bestehen der seit 1994 betriebenen Messstation registriert. Lag das Jahresmittel 2006 mit 44 µg/m³ noch deutlich über dem 40-µg/m³-Grenzwert, so betrug es 2013 nur noch 25 µg/m³. Vor allem die früher sehr hohe Kurzzeitbelastung (maximal 96 Tagesmittel über 50 µg/m³ bei erlaubten 35 Überschreitungstagen) konnte auf 21 Überschreitungstage reduziert werden. Belegte die Bahnhofstraße hierbei bis dahin regelmäßig Spitzenplätze im Ranking der höchstbelasteten Messstationen Deutschlands, so wurde diesmal lediglich Platz 68 verzeichnet.
Vor der umweltgerechten Sanierung der Bahnhofstraße lag der lokale Feinstaub-Verkehrsanteil dort an hoch belasteten Tagen bei 28 Prozent (2005-2010). Dabei wurden bis zu 67 Überschreitungstage pro Jahr maßgeblich vom Verkehrsaufkommen vor Ort mitbestimmt. Nunmehr stehen wir bei einem Lokalanteil von acht Prozent und bei nur drei, durch verkehrsbedingte Beeinflussung, wesentlich mitbestimmten Überschreitungstagen. Die Verkehrszunahme auf dem Mittleren Ring hatte im Bereich der bebauungsbedingt ungünstigsten Standortbedingungen (Wilhelm-Külz-Straße) keine wesentliche Auswirkung auf die lokale Zusatzbelastung. Offenkundig macht sich hier die relativ gute Durchlüftung des in Ost-West-Richtung verlaufenden Straßenzuges bemerkbar.
Die Häufigkeit schlechter Schadstoffausbreitungsbedingungen, sei es durch PM10-Ferntransport oder durch regionale Feinstaubanreicherungen bei Hochdrucklagen über Berlin-Brandenburg, wird auch in Zukunft noch eine wichtige Rolle für die jeweilige Höhe der jährlichen Belastungsparameter spielen. Allerdings hat die Umsetzung der Kernmaßnahmen des Luftreinhalteplans Cottbus die meteorologischen Auswirkungen erkennbar eingeschränkt. Besonders nachdrücklich wird dies anhand der Stickstoffdioxid-Immissionsentwicklung nachgewiesen. Bis zum Jahr 2010 lagen die NO²-Jahresmittelwerte in der Bahnhofstraße bei mindestens 40 µg/m³, dem ab 2010 gültigen Grenzwert. Im Vorjahr wurden nur noch 33 µg/m³ registriert; der verkehrsbedingte Lokalanteil sank 2013 um 24 Prozent.
Zusammengefasst kann trotz gelegentlich in der Öffentlichkeit geäußerter Zweifel anhand der umfangreichen Auswertungen festgestellt werden, dass das lufthygienische Sanierungsziel in der Cottbuser Bahnhofstraße 2013 eindrucksvoll erreicht wurde.