Das polnische Kino triumphierte bei der 22. Ausgabe des gestern zu Ende gegangenen Cottbuser Filmfestivals. Mit dem Hauptpreis für den besten Film, dem Spezialpreis für die beste Regie und dem Hauptpreis im Wettbewerb Kurzspielfilm gingen am vergangenen Samstag gleich drei der wichtigsten Preise an Polen - ein eindrucksvoller Beleg für die wiedererstarkte Kinematografie in unserem östlichen Nachbarland. Der polnische Wettbewerbsbeitrag FRAUENTAG von Maria Sadowska gewann den mit 20.000 Euro dotierten Hauptpreis für den besten Film, gestiftet von der Gesellschaft zur Wahrnehmung von Film- und Fernsehrechten (GWFF). Der Debütspielfilm der Sängerin, Komponistin und Musikproduzentin überzeugte die Jury mit der Darstellung „einer starken Frau, die jeden Tag aufs Neue versucht, in einer ungerechten und grausamen Welt über die Runden zu kommen. Eine wunderschön erzählte Geschichte über Mut und Kampfeslust."
Den Spezialpreis für die beste Regie, mit 7.500 Euro dotiert und gestiftet vom Rundfunk Berlin-Brandenburg, erhielt Leszek Dawid für sein Porträt über die legendäre polnische Hip Hop Band Paktofonika in DU BIST GOTT (Polen). Der Regisseur Leszek Dawid konnte damit an seinen Erfolg in Cottbus mit dem preisgekrönten Spielfilmdebüt ICH HEISSE KI vom Vorjahr anknüpfen. Der Preis für eine herausragende Darstellerin, dotiert mit 5.000 Euro und gestiftet von der Stadt Cottbus, ging in diesem Jahr an die beiden Schauspielerinnen Anna Mikhalkova und Yana Troyanova aus KOKOKO (Avdotja Smirnova, Russland). Als zurückhaltende Kuratorin Lisa und lebensfrohe Vika ergeben sie ein außergewöhnliches Freundschaftspaar, das zwischen Faszination und Abstoßung hin und her pendelt.
Für sein eindringliches Spiel als Sushenya in Sergei Loznitsas Film IM NEBEL (Deutschland, Russland, Lettland, Niederlande, Weißrussland) erhielt Vladimir Svirski den Preis für einen herausragender Darsteller, dotiert mit 5.000 Euro und gestiftet von der Sparkasse Spree-Neiße. Svirski überzeugt als Familienvater, der unschuldig zwischen die beiden Kriegsfronten gerät. IM NEBEL erhielt auch den Preis der Ökumenischen Jury. Die Internationale Festivaljury vergab weiterhin eine Lobende Erwähnung an HALIMAS WEG (Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Slowenien) von Arsen Anton Ostojić, der die Schwierigkeiten des Weiterlebens nach den Schrecken des Krieges anhand der Muslima Halima thematisiert. Die berührende Geschichte überzeugte auch das Festivalpublikum und erhielt den mit 3.000 Euro dotierten Publikumspreis, der von der Lausitzer Rundschau vergeben wird. Alle Beiträge im Wettbewerb Spielfilm wurden in Cottbus in internationaler oder deutscher Erstaufführung gezeigt.
Der Preis für den besten Jugendfilm im U 18 Deutsch-Polnischer Wettbewerb Jugendfilm, den die Handwerkskammer Cottbus im Wert von 1.500 Euro stiftet, ging an den deutschen Spielfilm SCHULD SIND IMMER DIE ANDEREN von Lars-Gunnar Lotz. Packend und realitätsnah erzählt der Regisseur vom Versuch eines Neubeginns des jungen Straftäters Ben. Eine Lobende Erwähnung vergaben die Schülerjuroren aus Cottbus und Zielona Góra an Katarzyna Figura für ihre Rolle als Halinka in der polnisch-tschechischen Koproduktion YUMA von Piotr Mularuk.
Im Wettbewerb Kurzspielfilm ging der mit 2.500 Euro dotierte Hauptpreis, gestiftet von „Druckzone", an die polnische Produktion ALLERSEELEN von Aleksandra Terpińska. Zum ersten Mal in Deutschland aufgeführt, erzählt der Wettbewerbsbeitrag von der jungen Lena, die an Allerseelen Geburtstag hat. Den mit 1.000 Euro dotierten Spezialpreis, den die Planungsgruppe ABV GmbH Aninstitut der Hochschule Lausitz stiftet, erhielt ZUHAUSE (Russland [Tschetschenien]) von Ruslan Magomadov. Es ist die Geschichte über den Alltag eines Mannes, der am Rande des vom Krieg zerstörten Grozny lebt.
Insgesamt 15 Preise wurden beim 22. Filmfestival Cottbus vergeben. Weitere Preisträger sind der serbische Regisseur Miroslav Terzić, der für seinen Thriller STRASSE DER ERLÖSUNG (Serbien, Slowenien) den mit 3.000 Euro dotierten Debütfilm-Preis erhielt, gestiftet von der BTU Cottbus, der Hochschule Lausitz sowie der HFF „Konrad Wolf" Potsdam-Babelsberg. Der FIPRESCI-Preis ging in diesem Jahr an die Tragikomödie KOLKA COOL (Lettland), die von der Monotonie in der lettischen Provinz erzählt. Der ebenfalls mit 3.000 Euro dotierte Dialog-Preis für die Verständigung zwischen den Kulturen, der vom Auswärtigen Amt gestiftet wird, ging an die israelisch-polnische Koproduktion MEIN AUSTRALIEN von Ami Drozd, in dem zwei Brüder mit ihrer Mutter aus dem Polen der 1960-er Jahre nach Israel auswandern.
Die 22. Ausgabe des Filmfestivals Cottbus hatte fast 19.500 Besucher, ein neuer Rekord. An den sechs Festivaltagen wurden über 150 Filme aus 36 Nationen gezeigt. Die Retrospektive von Helke Misselwitz sorgte für volle Säle, der Fokus< „Osteuropa der Religionen" wurde lebhaft diskutiert, und globalEAST< entführte das Festivalpublikum nach Spanien und Lateinamerika. Das 23. Filmfestival Cottbus findet vom 5. bis zum 10. November 2013 statt.