Am 19. März fand in der Zeit von 10:00 bis 12:30 Uhr das dritte Jahresgespräch zwischen dem Ökumenischen Stadtkonvent Cottbus und den Vertretern der Rathausspitze statt. Ort des diesjährigen Jahresgesprächs war die „Haltestelle“ in der Straße der Jugend 94 in Cottbus (www.haltestelle-cottbus.de).

Das Jahresgespräch begann mit der Vorstellung der Arbeit der Brüdergemeine durch den Hausherrn, Pfarrer Volker Mihan. Die Brüdergemeine hat mit der "Haltestelle" in Cottbus im Jahr 2003 eine Arbeit begonnen, die sich besonders an Menschen wendet, die Kirche und christlichen Glauben bisher nicht kennen oder wenig Erfahrung damit haben. Sie ist eine bunte Gemeinschaft von Menschen aus ganz unterschiedlichen Lebenskontexten - Christen und Atheisten, Junge und Ältere, Familien und Single. Die meisten von ihnen gehören keiner Kirche an. Die christliche Orientierung ist dabei Motivation und Kraftquelle, will aber gerade nicht Bedingung sein.

Unter Vorsitz von Pfarrer Hinrich Müller und Oberbürgermeister Frank Szymanski wurden aktuelle Themen im beiderseitigen Interesse aufgerufen. Stadtplanung und Baukultur, Notfallseelsorge, Friedhofskonzept, Arbeit der AG 78, Bildung und Teilhabepaket durch Gesetzesänderung des SGB II, Feiertagsschutz, Stadtfeste, Beleuchtungskonzept, Gründung des Evangelischen Gymnasiums und gemeinsames Agieren für Toleranz und Demokratie waren Schwerpunkte der Diskussion. Hinrich Müller: „Die Zusammenarbeit der ACK mit der Stadt hat mittlerweile Kontinuität. Wir haben eine Ebene im Austausch, die uns ohne Informationsverluste auch in strittigen Fragen an einem Tisch sieht. Hier werden Lösungen besprochen.“

Frank Szymanski sprach gegenüber den Vertretern der ACK den Dank der Stadt für das vielfältige Engagement der Kirchen, der Gemeinden, der von Kirchen getragenen Einrichtungen und insbesondere ihrer Mitglieder aus. Ein besonderer Dank galt der Unterstützung der Kirchen bei den Aktionen gegen den Aufmarsch alter und neuer Nazis am 15. Februar dieses Jahres. Frank Szymanski: „Ich danke den Kirchen für die Übernahme von Verantwortung in unserer Stadt und insbesondere den zahlreichen Mitgliedern der Kirchen für ihr vielfältiges ehrenamtliches Engagement. Die Kirchen sind ein wichtiger Bestandteil des weltoffenen und toleranten Cottbus.“ Von den Gesprächsteilnehmern wurde die Initiative des Vereins Menschenrechtszentrum Cottbus e.V. zur Herrichtung der Gedenkstätte Zuchthaus Cottbus begrüßt.

Am diesjährigen Gespräch nahm Oberkonsistorialrat Martin Vogel, Beauftragter der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz (EKBO) bei den Ländern Berlin und Brandenburg, als Gast teil. Er berichtete über persönliche Eindrücke aus seiner Tätigkeit und nahm zu weiteren Themen Stellung. Im Zusammenhang mit dem diesjährigen Jubiläum „20 Jahre Brandenburgische Verfassung“ ermunterte Martin Vogel die Kirchen, auf die Politik zuzugehen. Bei Politikern gebe es eine große Offenheit. Er wies auf zwei Tagungen hin, die sich in diesem Jahr mit der Aufarbeitung der Vergangenheit innerhalb der Kirche befassen werden; Ziel sei „Erinnern für die Zukunft“. Die Beauftragte für Verfolgte der kommunistischen Diktatur, Bischof Dröge und die Evangelische Akademie unterstützen diese Arbeit.

Martin Vogel machte Angaben zu statistischen Fragestellungen: Es gibt derzeit etwa 400.000 evangelische Christen in Brandenburg, in Berlin sind es 700.000; die Zahl der Schüler im Religionsunterricht steigerte sich im vergangenen Schuljahr um 2.000. Es gibt einen erfreulichen Rückgang der gefährdeten kirchlichen Gebäude auf dem Land von 800 auf 200 in den zurückliegenden Jahren; der Förderkreis alter Kirchen weiß von 280 Vereinen zur Sicherung von Kirchen. Martin Vogel: „Die Form der Zusammenarbeit von Kirchen und Stadt wie sie in Cottbus praktiziert wird, ist beispielgebend. Ich würde mich freuen, wenn diese Form der Gespräche in allen Städten und Landkreisen Selbstverständlichkeit sein würde.“

Die Jahresgespräche werden jedes Jahr an einem anderen Ort durchgeführt, um jeweils Gelegenheit zu haben, im Rahmen des Gespräches eine der Kirchgemeinden näher kennenzulernen. Es wurde verabredet, den Rhythmus der Gespräche derart zu erweitern, dass zwischen den traditionellen Jahresgesprächen zur breiten Themenvielfalt im Frühjahr jeweils im Herbst ein Thema in besonderer Weise gemeinsam diskutiert werden soll. Im Herbst 2012 wird dies das Thema Energiepolitik sein. Es soll ein Meinungsaustausch zu den Fragen Erneuerbare Energien und Braunkohle geführt werden. Das nächste Jahresgespräch ist für den März 2013 verabredet worden.

Pfarrer Hinrich Müller, Vorsitzender ACK Cottbus
Karlstraße 80, 03044 Cottbus
Tel. 0355 24542, Fax 0355 494 86 23
E-Mail: cottbus@selk.de, Internet: www.selk-cottbus.de

Wieland Eschenburg, Büroleiter des Oberbürgermeisters
Neumarkt 5, 03046 Cottbus
Tel. 0355 6122008, Fax 0355 23564
E-Mail: wieland.eschenburg@cottbus.de

Hintergrund ACK:

Zur Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Cottbus, die im Herbst 2010 gegründet wurde, gehören insgesamt 12 Kirchengemeinden aus der Stadt Cottbus. Sie vertreten gut 15.000 Christen in der Stadt. In der Delegiertenversammlung der ACK sind alle Gemeinden mit Delegierten (Pfarrer und Gemeindeglieder) vertreten. In dieser Versammlung, die sich zweimal jährlich trifft, werden grundlegende Fragen der Zusammenarbeit erörtert und Grundsatzentscheidungen gefällt.

Das ausführende Organ der ACK Cottbus ist der Ökumenische Stadtkonvent (ÖSK). Hier treffen sich im zweimonatlichen Rhythmus die Pfarrer und Pfarrerinnen der Kirchengemeinden, die zur ACK gehören, um ökumenische Veranstaltungen (z.B. Gottesdienste, Friedensdekade, Nacht der offenen Kirchen, u. a.) zu planen und deren Durchführung vorzubereiten. Innerhalb des ÖSK gibt es Arbeitsgruppen, die für einzelne wiederkehrende Veranstaltungen zuständig sind. Den Vorsitz hat derzeit Hinrich Müller inne, Pfarrer der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) an der Kreuzkirche in Cottbus.

Die Beschreibung der ACK liest sich in Wikipedia wie folgt: „Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland e.V. (ACK) ist ein 1948 gegründeter Zusammenschluss christlicher Kirchen in Deutschland zum Zweck der Förderung ökumenischer Zusammenarbeit und der Einheit der Kirchen. Sie bildet den Nationalen Kirchenrat für Deutschland und ist als solcher assoziierte Organisation beim Weltkirchenrat. Einzelne Kirchen können Mitglieder-, Gast- oder Beobachterstatus besitzen. Neben der Mitgliedschaft auf Bundesebene gibt es auch landesweite und örtliche ACK, wo sich die Mitgliedschaft von der auf Bundesebene unterscheiden kann. So kann etwa eine lokale Gemeinde einer bestimmten Kirche in der örtlichen ACK Mitglied sein, ohne dass die Kirche selbst auf Landes- oder Bundesebene der ACK angehört. Auch der umgekehrte Fall ist möglich. Die in der ACK zusammengeschlossenen Kirchen „bekennen den Herrn Jesus Christus gemäß der Heiligen Schrift als Gott und Heiland und trachten darum, gemeinsam zu erfüllen, wozu sie berufen sind, zur Ehre Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“ (§ 1 der Satzung). Diese Formulierung entspricht der Basisformel des Weltkirchenrates.“

Hintergrund Brüdergemeine:

Initiiert und getragen wird die Arbeit der "Haltestelle" von der Herrnhuter Brüdergemeine, einer freundlichen, kleinen Freikirche mit weltweiter Ausstrahlung. Ihr Bekenntnis ist evangelisch. Sie ist über 270 Jahre alt und in 30 Ländern auf fünf Kontinenten vertreten. Weltweit hat sie 762.000 Mitglieder, 480.000 davon in Afrika. Sie ist auf vielen Gebieten tätig. Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten und Altenheime gehören zu ihrer kirchlichen Arbeit. Ihre Wirtschaftsbetriebe bieten Arbeitsplätze in Handwerk und Produktion. In Europa hat die Brüder-Unität 30.000 Mitglieder. Diese sind verwaltungsmäßig aufgeteilt in drei selbständige Kirchen in Tschechien, Großbritannien/ Irland sowie in Kontinental-Europa (Deutschland, Niederlande, Schweiz, Dänemark, Schweden und Estland).

Die Brüder-Unität ist im 18. Jahrhundert unter Führung des Grafen Zinzendorf in Herrnhut/ Oberlausitz innerhalb der evangelischen Kirche entstanden. Bis heute gehören viele ihrer Mitglieder zugleich auch der evangelischen Kirche an. Die Brüder-Unität ist der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) angegliedert und zugleich Gastmitglied in der Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF). Die Brüder-Unität hat kein eigenes Bekenntnis. Sie bekennt mit den anderen Kirchen Jesus Christus als ihren Herrn. Die Brüder-Unität legt einen besonderen Akzent auf ihr Gemeindeleben. Die Mitglieder kennen sich persönlich und versuchen sich in allen Lebenslagen gegenseitig zu stützen. Die internationale Ausstrahlung in fünf Kontinenten macht die Brüdergemeine für viele attraktiv und erweitert ihren Horizont.

Die Brüder-Unität hat verschiedene Namen: Hermhuter Brüdergemeine weist auf den Ursprungsort Herrnhut in Sachsen hin. Brüder-Unität leitet sich vom lateinischen "Unitas Fratrum" ab, dem Namen der böhmischen Brüder, von denen die Herrnhuter Brüdergemeine abstammt. Moravian Church ist der englische Name, der ebenfalls auf den Ursprung in Böhmen und Mähren hinweist (spanisch: lglesia Morava, französisch: Eglise morave).