Diskussionsveranstaltung am 15. Oktober in Cottbus
Auf dem UN-Milleniumsgipfel im Jahre 2000 in New York verabschiedeten 189 Regierungen einen konkreten Plan, bis 2015 eine bessere, gerechtere und sicherere Welt zu schaffen. Staatsführungen aus Industrie- und Entwicklungsländern unterzeichneten eine Milleniumserklärung, die die Werte Gleichberechtigung, gegenseitiger Respekt und geteilte Verantwortung für die Lebensbedingungen aller Menschen betont und darauf hinzielt, die ungleich verteilten „Gewinne“ der Globalisierung auszugleichen. Auch Cottbus informiert seit gestern mit einer Aktionswoche unter dem Titel „Cottbus gibt 8“ über die Milleniumsentwicklungsziele. Das Frauenzentrum Cottbus und die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt wenden sich dabei der „Frauengesundheit in der Entwicklungszusammenarbeit“ zu. Sie thematisieren die weibliche Beschneidung, die auch in Deutschland immer mehr in das Bewusstsein der Öffentlichkeit dringt.
Auf weltweit ca. 130 Millionen schätzt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Zahl der Frauen, die im Namen kultureller und religiöser Traditionen Opfer von Genitalverstümmelungen werden. Diese traditionellen Praktiken verletzen in schwerwiegender Weise die körperliche und geistige Unversehrtheit der davon betroffenen Frauen und Mädchen und damit ein Grundrecht, das von mehreren internationalen Übereinkommen und den Verfassungen aller Mitgliedstaaten der EU garantiert wird. Auch Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) stellte fest: „Wir haben lange Zeit gedacht, dass das für uns kein Thema ist.“
Tatsächlich werden durch die zunehmende Migration immer mehr Ärztinnen und Ärzte auch in Deutschland vermehrt mit Patientinnen konfrontiert, die eine weibliche Genitalverstümmelung erlitten haben. „Viele Ärzte können sich nicht vorstellen, dass es so etwas hier gibt“, sagt Prof. Dr. Klaus Friese, Direktor der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe München-Großhadern und –Innenstadt. „Der Arzt sieht sie zum ersten Mal während der Geburt und weiß dann oft nicht mit der Situation umzugehen“, beschreibt Jawahir Cumar, Vorsitzende des Vereins „stop mutilation“, die Situation in Deutschland. Sechstausend Mädchen sind nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Terre des Femmes in Deutschland potenziell gefährdet, beschnitten zu werden. Mindestens 24.000 beschnittene Frauen und Mädchen leben in unserem Land, so die Schätzungen und Hochrechnungen. Die genauen Zahlen sind jedoch unbekannt, da weibliche Beschneidung statistisch nicht erfasst wird.
Im Rahmen der noch bis zum 19. Oktober stattfindenden Aktionswoche „Cottbus gibt 8“ laden das Frauenzentrum Cottbus (e. V.) und die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt am 15. Oktober, 19:00 Uhr, zu einer Informations- und Diskussionsveranstaltung mit dem Titel „Genitalverstümmelung von Frauen und Mädchen – ein grenzüberschreitendes Problem“ ein. Treffpunkt ist die „Lila Villa“ in der Thiemstraße 55. Vertreterinnen eines sehr erfolgreichen Projektes der Entwicklungszusammenarbeit, des Fulda–Mosocho–Projektes der Göttinger Professorin Dr. Muthgard Hinkelmann-Toewe, berichten über den kulturellen Hintergrund der Beschneidungen sowie über Aktionen und Ergebnisse ihrer erfolgreichen Arbeit gegen Genitalverstümmelung.
Der Besuch der Veranstaltung ist kostenfrei. Anmeldungen sind ab sofort unter Telefon (0355) 612 2018 bei der Cottbuser Gleichstellungsbeauftragten Sabine Hiekel möglich.